Main-Kinzig-Kreis Hanau-Steinheim: Pfarrkirche St. Nikolaus
Die katholische Pfarrkirche St. Nikolaus blickt auf eine lange Geschichte zurück. 1261 wurde sie zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Heute schlagen in Ihrem Glockenstuhl vier Glocken.
Wahrscheinlich wurde die St. Nikolaus-Kirche im 9. Jahrhundert als Filialkirche des Benediktinerklosters Seligenstadt gegründet. 1261 wurde sie zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Als Kirche für das Dorf Nieder-Steinheim war sie auch Mutterkirche für die Stadt Steinheim. 1449 wurde der Titel der Mutterkirche auf die Kirche in der befestigten Stadt verlegt, St. Nikolaus wurde zu deren Filialkirche, behielt aber weiterhin die Matrizität, das Recht als Mutterkirche. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg erfolgte der rasche Wiederaufbau.
Wegen ihres begrenzten Raumes bei stark steigender Katholikenzahl wurde die alte Kirche bis auf Turm (15. Jh.) und Chor abgerissen. Der Neubau – wegen der Grundstücksverhältnisse genordet – fand in den Jahren 1892/93 statt, die Kirchweih war am 23. Juli 1983. Die im neugotischen Stil errichtete Nikolauskirche wurde in ihrem Inneren als Wallfahrtskirche ausgestattet, da sie damals das Steinheimer Wallfahrtskreuz (s.u.) barg. Neben Restaurierungsarbeiten wurde sie in der Folgezeit den technischen und sozialen Verhältnissen angepasst: von Petroleum- über Gasbeleuchtung (1902) bis zum elektrischen Licht (1924), Windfang und Koks-Warmluftheizung (1916), Kirchturmerhöhung von 21m auf 39m, Anschluss an die städtische Wasserversorgung (1937), Ölheizung (1966).
Der Mainzer Bischof Georg Heinrich Kirstein verlieh im Jahr 1900 der Gemeinde St. Nikolaus per Dekret vom 29. November die Selbständigkeit, sie wurde wieder eine Pfarrgemeinde, die Nikolauskirche war nun Pfarr- und Wallfahrtskirche.
Die Empfehlungen des II. Vatikanischen Konzils wirkten sich auch auf die Innenausstattung der Kirche aus: Der erste Volksaltar wurde 1967 errichtet, 1988 erfolgte die Neugestaltung des Innenraumes. Er symbolisiert seitdem das Geheimnis des Glaubens ("Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit."). Die Renovierungsarbeiten waren 1990 abgeschlossen. 1984 wurde das Wallfahrtskreuz in die Kreuzkapelle zurückgebracht (s.u.), die Kirche ist seitdem die "Pfarrkirche St. Nikolaus". Seit 2009 besitzt die Pfarrei eine Ikone mit dem Leben des Pfarrpatrons St. Nikolaus.
Die Glocken
Während des I. Weltkrieges muss eine der beiden Kirchenglocken für die Kriegsrüstung abgegeben werden. Die verbliebene wurde 1921 für vier neue Glocken mit den Tonlagen fis, h, cis und dis in Zahlung gegeben. 1930 wirkten ihre Töne zu hoch, sie wurden für vier neue Glocken in Zahlung gegeben. Diese waren:
- Kreuzglocke, Schlagton d
- Leonhardsglocke, Schlagton f (zur Erinnerung an Leonhard Eckrich, erster im Großen Krieg gefallener Klein-Steinheimer)
- Marienglocke, Schlagton d
- Nikolausglocke, Schlagton c
Ebenfalls erhielt der Turm eine neue mechanische Uhr und einen neuen Stundenschlag.
Während des II. Weltkriegs wurde das Glockengeläute untersagt, später für drei Minuten pro Tag erlaubt.
Die drei schwersten Glocken (Kreuz-, Leonhards- und Marienglocke) wurden 1942 für die Rüstungsindustrie beschlagnahmt und abgeholt.
Am 6. Januar 1945 fielen nahe der Kirche schwere Fliegerbomben, die Kirche wurde schwer beschädigt und wurde unbenutzbar. Am 19. März richteten fünf Brandbomben nur geringen Schaden an der Kirche an. Keine sieben Tage später, am Palmsonntag 1945 trafen die ersten Amerikaner in Steinheim ein, für den Ort endete der II. Weltkrieg.
Nach dem Krieg wurde unter großen Schwierigkeiten der (provisorische) Wiederaufbau an den Sakralbauten betrieben, die Gottesdienste in Noträumen abgehalten. Am 8. Juli 1945 konnte wieder Gottesdienst in der Nikolauskirche gefeiert werden. 1949 konnten nach der Währungsreform die Kriegsschäden beseitigt werden, 1951 ersetzen neue Ornamentfenster die behelfsmäßigen Drahtglasfenster.
1952 erhielt die Kirche drei neue Glocken, die am Christkönigsfest geweiht wurden. Sie tragen dieselben Namen wie die im Krieg entwendeten:
- Kreuzglocke, 1365 kg schwer, Schlagton d
- Leonhardsglocke, 705 kg schwer, Schlagton f
- Marienglocke, 500 kg schwer, Schlagton g
Mit der nicht beschlagnahmten, 300 kg schweren Nikolausglocke (Schalgton c) bilden sie bis heute das Geläute der Pfarrkirche St. Nikolaus. Erst 1962 erhielt die Kirchturmuhr wieder einen Stundenschlag.
Von Christoph Neuert